Migrantinnen als Gewerkschaftsaktivistinnen. Zur Konstruktion intersektionaler Solidarität
Basisinformationen
- Typ: Drittmittelprojekt
- Laufzeit: 2025 – 2027
- Förderung: Hans-Böckler-Stiftung (Projektnummer: 2024-64-5)
Projektbeschreibung
Wir erforschen das Engagement von weiblichen Migrantinnen in historischen und aktuellen Arbeitskämpfen. Im Mittelpunkt stehen dabei ihre eigenen subjektiven Deutungen ihrer Streikbeteiligung und gewerkschaftlichen Aktivität. Ziel der Untersuchung ist die historisch vergleichende Analyse von Solidaritätsdynamiken, ob und wie beispielsweise Solidarität über verschiedene Ungleichheitsdimensionen (Race, Gender und Class) hinweg konstruiert wird.
Zentrale Forschungsfragen
- Was heißt Solidarität aus der Sicht von migrantischen Streikaktivistinnen und Gewerkschaftsfunktionärinnen und (wie) wird diese als intersektional verstanden?
- Welche Bedeutung haben das Geschlecht, die Migrationsgeschichte und/oder die Klassenzugehörigkeit für kollektives Handeln?
Forschungsdesign / Methoden
- Zwanzig narrative Interviews mit Zeitzeuginnen aus historischen und aktuellen Arbeitskämpfen
- Zehn qualitative Expert*inneninterviews
- Systematische Analyse von Archivmaterial (DOMiD, AdSD, FZH)
- Auswertung mit qualitativer Inhaltsanalyse und intersektionalem Mehrebenenansatz
Historischer Rahmen
Zwischen 1955 und 1973 kamen im Rahmen der Anwerbeabkommen auch viele Frauen als Arbeitsmigrantinnen nach Deutschland. Sie mussten häufig in prekären, schlecht bezahlten Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, vor allem im industriellen Sektor. Aktuell haben sich zwar Herkunftsländer und Tätigkeitsbereiche migrantisierter Frauen verändert, nach wie vor sind sie jedoch von sexistischer und rassistischer Diskriminierung sowie prekären Arbeitsbedingungen betroffen. Damals wie heute haben sich Migrantinnen gegen diese Situation gewehrt, teils jenseits, teils mit Unterstützung und als aktiver Teil der Gewerkschaften.
Historisch waren die Gewerkschaften auf die Interessenvertretung männlicher einheimischer Facharbeiter konzentriert. Trotz Bemühungen um mehr Vielfalt sind Migrantinnen bis heute in den Gewerkschaften unterrepräsentiert. Zugleich verdeutlichen historische Arbeitskämpfe, zum Beispiel bei Pierburg und Hella (1973), sowie viele jüngere Bewegungen und Streiks, vor allem im Dienstleistungsbereich, die kollektive Organisierungsfähigkeit und Kampfkraft sowie den Gewerkschaftsaktivismus von Migrantinnen. Diese Entwicklungen bilden den Hintergrund unserer Analyse und werfen die zentrale Frage auf, wie Gewerkschaften Solidarität über strukturelle Ungleichheiten hinweg stärken können.