Projekt Büroarbeit und digitaler Wandel
Projekt Büroarbeit und digitaler Wandel
Das Projekt
Angesichts der digitalen Transformation wird seit Jahren zur möglichen Ersetzung von Berufen oder Tätigkeit diskutiert und geforscht. Dabei spielt Büroarbeit bislang eine untergeordnete Rolle. Das hat auch damit zu tun, dass zu klassischer – d.h. eher administrativer, kaufmännischer Büroarbeit und nicht-technischer Sachbearbeitung– sehr viel weniger belastbarer Forschungsstand existiert als bspw. zu Produktionsfacharbeit oder zu hochqualifizierten Tätigkeiten im Engineering oder der Software-Entwicklung.
Dieses Forschungsdefizit ist aus zwei Gründen bedenklich: Erstens ist Büroarbeit sehr beschäftigungsintensiv – von der öffentlichen Verwaltung über alle Wirtschaftssektoren gibt es keine Berufe, die sich so durchgängig überall finden. Zum anderen ist davon auszugehen, dass aktuelle digitale Technologien wie Kundenchatbots, Robot Process Automation (RPA) und andere Technologien auf der Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) bzw. MachineLearning (ML) gerade in diesem Bereich erheblich zu einer Ersetzung und/oder weiteren Standardisierung von Tätigkeiten beitragen können. Gleichzeitig gibt es auch ein Potenzial, die neuen Technologien zur Entlastung der Beschäftigten und dem Ziel der Erhöhung von Beratungsqualität einzusetzen.
Oft aber können Investitionen in IT auch auf der Arbeitsprozessebene wenig Veränderung bewirken, wenn etwa interne Serverstrukturen in die Cloud verlagert werden. Zudem gibt es ein Bündel von möglichen Veränderungsdimensionen neben der Qualifikation (wie etwa Belastung, Kundenkontakt, Teambindung, Führungsfragen, Mobilität von Ort und Zeit etc.). All diese Fragen können sich zudem empirisch sehr unterschiedlich danach beantworten, wie sich die jeweilige Ausgangslage in Bezug auf Tätigkeit, Digitalisierung, Standardisierung von Arbeitsprozessen usw. vor einer weiteren Digitalisierung darstellte.
Gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und von diesem gefördert erforscht das am Lehrstuhl für Soziologie (Technik – Arbeit – Gesellschaft) angesiedelte Teilprojekt auf zwei Fragestellungen und methodische Herangehensweisen. Quantitativ wird auf Basis des AV-Index (Arbeitsvermögen) eruiert, inwieweit Bürobeschäftigte schon in den vergangenen Jahren am Arbeitsplatz mit Wandel, Komplexität und Unwägbarkeiten umgehen mussten und damit bereits Kompetenzen in der Bewältigung von Veränderungsprozessen erworben haben. Auf Basis qualitativer Interviews wird aus subjektivem Erleben der Beschäftigten und auf Basis von Expert*innen-Interviews retrospektiv der erlebte Wandel bis in die 1980er Jahren nachgezeichnet. Ziel ist dabei immer die Suche nach Ressourcen: Was hat sich verändert und was kann für die aktuelle Transformation daraus gelernt werden? Was haben Beschäftigte in den Büroberufen bisher an Wandel bewältigt und wie haben sie die digitalen Transformation bisher nicht nur erlebt, sondern auch ermöglicht?
Datengrundlage
Die qualitative Datengrundlage besteht aus Expert*innen-Interviews und Tiefeninterviews mit Bürobeschäftigten sowie mehreren interaktiven Forschungsworkshops im Labouratory des Lehrstuhls für Soziologie (Technik – Arbeit – Gesellschaft), bei denen Beschäftigte digitale Technologien (wie bspw. humanoide Robotik) direkt erleben und erfahren können.
Gemeinsam mit dem BIBB werden außerdem quantitativ umfangreiche Sekundärdatenanalysen auf der Basis unterschiedlichster Datensätze vorgenommen. Dazu zählen die BIBB-BAuA Erwerbstätigenbefragung (1979 – 2018), der Mikrozensus, Digitalisierung und Wandel der Beschäftigung (DiWaBe), das BIBB-Betriebspanel zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung, der BIBB/DIE Weiterbildungsmonitor (wbmonitor) und die BIBB-IAB Qualifikations- und Berufsprojektionen. Die Auswertungen des an der FAU angesiedelten Teilprojekts konzentrieren sich auf die BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragungen der Jahre 2006, 2012 und 2018 und die Berechnungen zum AVI (Arbeitsvermögen-Index).
Die qualitativen und quantitativen Herangehensweisen werden durch einen Mixed-Methods Ansatz miteinander verknüpft.
Förderung
Das Projekt wird gefördert vom BIBB.